Wendys sechszehntes virtuelles
Abenteuer
Damit die Inhalte in den Zeitungsboxen nicht erkalteten, steckte
er sie in das große Warmhaltebecken der Küche im Restaurant Kreuz. Die bunten
Kunststoffbehälter ergaben ein schönes Bild, wie sie nebeneinander ein Drittel
des Beckens ausfüllten.
Dann fuhr Wendy los, mit dem Fahrrad über Land. Sein Ziel hatte
er klar vor Augen. Als er um einen Hügel herum fuhr, wurde er unsicher, wie
weit er schon war und wo er sich genau befand. Aber dann stieß er hinter der
Erhebung auf Olga und Smetlana, die er schon auf mehreren Stationen angetroffen
hatte.
„Uff, da bin ich aber froh, dass ich euch wieder sehe“, sagte er.
Sie waren noch weiter östlich gefahren als er. Auf den Hügel
zurückblickend, fiel ihm ein, dass in einer Senke des Hügels Frau Handwerker
ihre Arbeitsstätte und ein Gästehaus hatte. Die beiden Russinnen begleiteten
ihn.
Wendy ging ins Labor. Als er in dem engen Raum zwischen Ablagen
und Schränken beidseitig hantierte, spürte er die Blicke von Olga und Smetlana,
die es sich auf einem Hocker bequem gemacht hatten und warteten, bis sie
gemeinsam weiter fahren würden. Ihre Augen waren auf seine Radlerhose
gerichtet. Da bemerkte er, wie die Arbeit ihn erregte und sein Glied angeschwellt
war und sich unter der Hose abzeichnete.
Doch ein anderer - wie Wendy als Forscher und Abenteurer tätig –
zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Marco Ruhmnick, von Beruf Geomant.
„Ich muss euch unbedingt die Bilder von meinem neusten Projekt
zeigen“, sagte Marco zu Wendy und den beiden Frauen. Er lud sie ein in den
Aufenthaltsraum und bat sie die Vorhänge zu ziehen. Selber warf er den
Dia-Projektor an. Erwartungsvolles Schweigen.
Auf dem ersten Bild sahen sie nichts als Berggipfel.
„Das sind die zentralen Alpen mit Blick nach Süden“, erläuterte
Marco. „Ihr seht die bündner Berggipfel, am rechten Rand liegt das
Gotthard-Massiv.“
Das nächste Bild zeigte einen Delta-Segler mit Leichtmotor. Sie
konnten erahnen, dass der Flieger in der Ausrüstung mit Schutzbrille Marco sein
musste. Ein nächstes, noch näheres Bild zeigte ihn, wie er einen länglichen
Behälter aus Kunststoff ausleerte. Wendy fiel auf, dass er auch eine
Zeitungsbox aus Kunststoff verwendete wie er. Der Strahl der Flüssigkeit war
als feiner Strich zu sehen.
Und dann die letzten Bilder. Sie zeigten eine Quelle im Gebirge.
Dazu sagte Marco in seiner etwas feierlichen Art.
„Und das Wasser rann in diesem Quell zum ersten Mal.“
Licht an.
Olga und Smetlana waren beeindruckt, aber auch skeptisch.
„Woher weißt du, dass aus dieser Quelle wirklich deine
Flüssigkeit entspringt?“, fragten sie.
„Ich habe eine Probe entnommen“, versicherte Marco. „Es ist sie
tatsächlich.“
Wendy fühlte sich gespalten. Einerseits irritierte ihn dieser
riesige Aufwand, den Marco betrieb. Mit einem Leichtflieger in eine solche Höhe
fliegen und das ganze auch noch fotografieren lassen. Andererseits gab er ihm
Recht. Um sicher zu sein, dass das Wasser der neuen Quelle den ganzen Weg bis
zum Meer floss, musste man auf den höchsten Berg gehen.
Diese Bilder zeigten ihm, er musste selber auch offensiver
werden. Dann passt es, wenn ich die
Bescheidenheit unbedingt verlernen lerne, dachte er bei sich. MLF
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