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Freitag, 4. Mai 2012

45 Tristan Campermann

Er fährt mit Enrico zum Museum. Da er kein Busticket hat, muss er aussteigen. Am unteren Rand des Ortes trifft er auf eine Truppe von Schauspielern. Am Eingang steht ein Typ, der so ziemlich das Gegenteil von ihm. Er stellt sich vor mit dem Namen Tristan Campermann …

Donnerstag, 26. April 2012

42 Reussbuhlen

In dieser Nacht kam ihm sein Bett sehr eng vor. Als Mili kam, glaubte er keinen Platz mehr zu haben, um sich drehen und wenden zu können. Er hatte in einem schönen, luftigen Traum die Weiten einer unbegrenzten Welt genossen. Ihre Nähe, ihre Hitze und ihre Sinnlichkeit waren ihm fast zu viel. Lieber hätte er gedöst und weiter seinem Traum nachgehangen.
Mili schien es zu spüren. Plötzlich erhob sie sich und war verschwunden. Er streckte sich und genoss die Freiheit. Aber dann erkannte er seinen Traum als bloßes Trugbild. Er sah Mili beim Fenster in ihrer vollen Schönheit. „Mili“, rief er, „verlass mich nicht!“ Sie kehrte zurück, schmiegte sich an ihn und sie feierten Réunion.
Anschließend erzählte sie einen weiteren Abschnitt der Geschichte von Bodo und Enrico. AS

Solange er in Reussbuhlen nur zu Besuch war, hatte er die Andersartigkeit dieser Welt nicht so stark empfunden wie jetzt, da er zu Enrico zog. Plötzlich war der Raum, den er seinen eigenen nannte, auf ein Drittel des vorigen geschrumpft. Zudem sah es Enrico ungern, wenn er sich in seinem Zimmerchen verschanzte.
Bodo hatte davor in einer mondänen Welt Zwischenstation gemacht. Ein Haus am See, Teil eines großen Parks. Die Nachbarn alle in Villen. Man traf sich, aß Kuchen und trank Kaffee aus zierlichem Porzellan und tauschte die neusten Mitteilungen der medial Begabten aus. Denen zufolge lebte man in einer Zeit des großen Wandels. Der eigene Wohlstand bestätigte das Gesetz der kosmischen Fülle. Nur Menschen, die sich durch ihre Gedanken selbst beschränkten, mussten noch darben. Die anderen, Reiferen, hatten bereits Anteil an der göttlichen Unbegrenztheit.
Für Bodo blieb auch nach dem zweiten Stück Kuchen und der dritten Tasse Kaffee sein Leben noch immer ein reduzierter Zustand in einer Projektionsebene, in der er wer weiß was zu lernen hatte. An eine Transformation glaubte er nicht – jedenfalls nicht solange er diese Luft atmete (egal ob sie nach Rosenwasser oder nach Abgasen roch). Wenn es doch ein Mittel zur Verwandlung gab, dann am ehesten die Liebe, weil sie der schönste und zugleich unsicherste Zustand war.
Bei Enrico war alles anders. Nicht nur im Haus, in das er eingezogen war, sondern im ganzen Viertel empfand Bodo die drangvolle Nähe der Menschen zueinander. Er hatte das Gefühl, die Arme an sich halten zu müssen, um nicht an andere zu stoßen.
„Sie werden dich fragen, wer du bist und was du machst“, bereitete Enrico ihn vor und warnte ihn zugleich. „Eine hombsche Partnerschaft erlaubt ihre herkömmliche, begrenzte Sichtweise nicht. Sei vorsichtig, was du sagst“, warnte er ihn.
„Wie sollen die Menschen mich akzeptieren, wenn ich nicht zeige, wie ich bin?“, fragte er. Bemerkte aber, dass sein Geliebter erschrak.
„Sich gegenseitig akzeptieren, ist das Letzte, zu was die Menschen hier bereit sind“, entgegnete Enrico erhitzt. „Vielmehr tratschen sie und zerreißen sich den Mund über einander. Wann morgens die Fensterläden hochgehen, wohin du zur Arbeit fährst, was für ein Auto draußen steht (wehe, du hast keins). Das sind die Dinge, die sie interessieren. Durch Rasen Mähen und Unkraut Beseitigen, kannst du Punkte machen.“
Wenn Enrico so redete, sah Bodo das Bild einer mit Fischen prall gefüllten Reuse. Die Fische mussten sich von ihrer Natur her bewegen, waren sich aber so nahe, dass es eigentlich gar nicht möglich war.
Enrico hatte sich kraft seiner Sinnlichkeit eine eigene Welt erobert. Am liebsten hätte er Bodo ständig im Arm gehalten, ihm alles, was ihm gerade in den Kopf kam, mitgeteilt und morgens im noch warmem Bett, mittags auf dem Sofa und abends bei besonderer Beleuchtung mit ihrer beider Schlüssel gespielt. „Ich lebe nur einmal und möchte in diesem kurzen Leben so viel Sinnlichkeit wie möglich spüren“, war seine Devise. In den eigenen vier Wänden, tagsüber die Vorhänge gezogen, nachts die Rollläden unten, konnte er seiner Sinnlichkeit folgen, die ihm einzig lebenswert schien. Gewisse Cafés, der Strand an der gegenüberliegenden Seite des Badesees und das Lila-Center bildeten als schöne Spielflächen sozusagen die Außenstellen seines sinnlichen Reiches.
Ein bisschen hatte sich Bodo schon mit ihm und diesen Menschen, die er früher gemieden hatte, angefreundet. Aber dann trat ein kleiner Dicker auf und schmiss sich an ihn ran. Er stieß ihn von sich und floh.
Zurück in der Welt der großen Rasenflächen und der kommoden kosmischen Pläne fühlte sich Bodo tief unglücklich. Es zog ihn erneut zu Enrico. Dabei verspürte er wunderlicherweise nicht Angst, sondern eine prickelnde Spannung. MLF

Freitag, 23. März 2012

28 Eindringlinge im langen Raum j


Während der Mann sich die Bilder an der Wand anschaut und zwischendurch begierig an der Zigarette zieht, schleicht sich René in den Putzraum und füllt einen Eimer mit Wasser. Möglichst unauffällig tritt er ins lange Flurzimmer. Als er ihnen nahe kommt, holt er aus. Den Mann und die eine Frau trifft er auf Anhieb, der Rest wirft er auf die noch trockene Frau. Fluchtartig verlassen sie den Raum. Aber der Mann ist frech genug, die Schachtel mit den restlichen Zigaretten mitzunehmen.
Das sind die einzigen Zigaretten, die er noch im Haus hat. Und heute Abend … „Halt“, schreit René. Er rennt hinter ihnen her und gerät in einen großen, düsteren Raum, direkt an den seinen angrenzend. Sich umschauend glaubt er in einer Räuberhöhle zu sein. Würde mich nicht wundern, wenn hier einiges zum Vorschein käme, was mir in letzter Zeit so alles abhanden gekommen ist, denkt er. Aber er hat nur die Schachtel im Auge, die will er wieder. Er packt den Kerl am Handgelenk. Der wehrt sich, aber René entwindet sie ihm. Da wechselt der Dieb seine Taktik und fängt an zu jammern und zu betteln. „Nur eine noch“, fleht er. Da wird René endlich klar, was den zu ihm reingetrieben hat. Der ist süchtig. Die Sucht und die Langeweile hat sie alle drei in meinen Raum gedrängt, sagt er sich.
René wirft ihm einen Glimmstängel hin, den dieser geschickt auffängt. „Aber lasst euch ja nicht wieder blicken, sonst …“, droht er. Dreht sich um und kehrt in seinen Raum zurück. Drinnen nimmt er ein Holz und zwängt es unter die Klinge. Jetzt lässt sich die Tür von außen nicht mehr öffnen.
Die ganze Aufregung hat ihn dermaßen aus der Fassung gebracht, dass er nicht anders kann, er muss sich eine Zigarette anzünden. Die mit Nikotin angereicherte Luft einziehend, beruhigt er sich zusehends. Zwischendurch schaut er argwöhnisch zur Tür, so ganz vertraut er seiner Sperre nicht. Wenn die nur nicht wiederkommen. MLF

Donnerstag, 22. März 2012

28 Eindringlinge im langen Raum i

Toni verspürte ein großes Verlangen nach Mili. Aber jedes Mal, wenn er sich ihr zuwenden wollte, sank er wieder in den Schlaf zurück. Als er schließlich doch aufwachte, sah er, dass sie sich entfernte. Die Angst sie zu entbehren, vertrieb den letzten Schleier. Sie drehte sich um, schlüpfte zu ihm und sie liebten sich.
Anschließend erzählte Mili Folgendes. AS


Der Tag davor ist etwas lang gewesen und gut geschlafen hat er auch nicht. Nachdem er sich in den frühen Morgenstunden von Enrico verabschiedete, hat er sich zu Hause schlafen gelegt. Ist aber auf Grund seines sonstigen Rhythmus‘ viel zu früh aufgewacht. Er bleibt an diesem Tag die ganze Zeit im Flur hängen, der als Wohnraum eingerichtet ist. Am Anfang und am Ende ist der Raum geknickt. Dadurch erscheint er endlos. Während René an seinem Arbeitstisch sitzt, nisten sich im vorderen Bereich drei Personen ein. Er nimmt sie beiläufig wahr – jedesmal, wenn sie aus dem Knick hervortreten. Es sind zwei Frauen und ein Mann. Da sie sich ruhig verhalten, unternimmt er nichts. Aber dann spaziert eine der Frauen zur Kommode an der rechten Wand vor dem Knick. Ohne zu fragen greift sie nach einer der schönen roten Bommeln, mit denen er das Möbel geschmückt hat. Wie kann die es wagen, fragt er sich brüskiert, dringt hier ein und bedient sich auch noch an der Deko. Der Ärger wühlt ihn auf und stört den süßen Nachklang von der Nacht zuvor. Erzürnt geht er zu den Dreien und weist sie aus dem Raum.
Weil er nicht ausgeschlafen ist, fällt es ihm schwer sich zu konzentrieren. Doch schließlich findet er den Faden und kommt voran. Aber die drei sind schon wieder da. Die andere Frau schreitet – als wäre sie bei ihm zuhause – zur Garderobe. Sie hängt seinen grauen Anzug ab und dreht ihn hin und her. Macht sogar Anstalten ihn anzuprobieren.
Jetzt wird’s René zu bunt. Er rennt hin. Sie wirft den Anzug weg und verlässt gemeinsam mit den andern den Raum. Er ist erleichtert. Als er den grauen Anzug aufliest und ihn glattstreicht, überfällt ihn ein unerklärlicher Trübsinn. Die schöne Stimmung vom Vortag ist endgültig verweht. Er fühlt sich wie ein Gefangener in diesem langen Raum.
Wieder macht er sich an die Arbeit. Als er endlich in Fluss kommt, sieht er, wie der Mann, ganz cool zur Ablage bei der Garderobe schreitet, sich eine Zigarette aus seiner, Renés, Schachtel holt und sie in den Mund steckt. In René zieht sich alles zusammen. Er hat am Vorabend den Stengeln etwas zu arg zugesprochen und hat sich deshalb vorgenommen, bis zum Abend nicht zu rauchen und muss jetzt zuschauen, wie ein anderer genüsslich vor seinen Augen raucht. Statt aufzuschreien, guckt René auf die Uhr. Es ist gerade Mittag. Enrico müsste inzwischen auch auf sein. Er wählt seine Nummer.
„Pronto“, tönt es von der andern Seite des Äthers. Enricos Stimme klingt verschlafen.
„Hab ich dich geweckt?“, fragt er entschuldigend.
„Nein, nein, bin eben aufgestanden. Und – wie hast du geschlafen?“
René schweigt, er will nicht klagen. „So lala. Aber hör mal. Ich werde dauernd gestört hier, von zwei Frauen und einem Mann. Erst nimmt die eine ein schönes Stück von meiner Deko, dann will die andere meinen grauen Anzug anprobieren und jetzt erdreistet sich der Mann und raucht eine meiner Zigaretten.“
„Jag sie doch fort“, rät Enrico und gähnt.
„Das versuch ich doch die ganze Zeit, aber sie kommen immer wieder.“
„Ah, verstehe, das kenn ich. Wahrscheinlich hast du einen Hang-over. Das ist die Sorte Leute, die das spüren. Die nutzen das gnadenlos aus. Da hilft nur eins, kalte Milch. Damit kriegst du sie fort, die hassen sie.“
„Ich hab keine Milch im Haus.“
„Dann versuch’s mit Wasser.“
„Okay, ich versuch’s. Danke. Ich ruf dich am Abend an.“ René legt auf.  MLF

Mittwoch, 21. März 2012

27 Anna überreicht den Schlüssel

Als er Mili an sich ziehen wollte, legte sie sich zur Seite und streckte ihm ihren knackigen Popo entgegen. Mit der linken Hand reichte sie ihm eine kleine Plastikflasche. Da er nicht begriff, drehte sie sich ein Stück zurück, spritzte mit der rechten auf die Linke und fuhr damit über Tonis erregtes Glied. Das fühlte sich angenehm kühl an, wenn er auch nicht verstand, warum sie plötzlich ein Gleitmittel benötigten. Sie fuhr sich mit der Hand durch die Pofalte und nahm wieder die seitliche Haltung an. Als er versuchte, wie üblich in sie einzudringen – von hinten – griff sie nach seinem festen Glied und führte es weiter zurück, bis er vor ihrem Anus stand. Erst jetzt begriff er, was sie ihm zeigen wollte. Während er langsam den Schließmuskel überwand, ließ sie ihn nochmal austreten und strich üppig glitschiges Gel auf die pralle Eichel. Er war überrascht, wie anders sich das Eindringen anfühlte. Sie wies ihn an, seinen Penis parallel zur Wirbelsäule zu führen. Vor lauter Lernen fand er nicht zum Höhepunkt. Aber als Mili sich ihm zudrehte und sein Glied anfasste, brachte sie ihn mit wenigen Bewegungen zum Erguss. Dann streichelte sie ihn, wie man einen gelehrigen Schüler liebkost.
Mili rückte das Kissen zurecht, rutschte hoch und begann zu erzählen. AS

Bodo ist etwas durcheinander, weil er am Abend etwas Besonderes vorhat. Im Laufe des Morgens geht er in den Hof der Schule, wo er früher Hausaufgabenhilfe erteilt hat. Die Schüler spielen draußen unter den Bäumen. Als sie ihn sehen, rufen sie „Bodo, Bodo …“ und umringen ihn.
Zwei Orientalen führen eine kleine Bar, deren Tür zum Hof hin offen ist. Sie bieten kleine Snacks an. Das weckt Bodos Appetit. Er hätte Lust auf einen Imbiss, möchte aber nicht alleine essen. Also bestellt er für seine jungen, orientalischen Freunde ein paar Portionen mehr. Doch während er wartet, verschwinden die Schüler nach und nach. Die Pause ist um. Wenn ich’s schlecht treffe, wird gar niemand hier sein, fürchtet er. Ein Lehrer geht vorbei.
„Wann ist denn die nächste Pause?“, fragt Bodo.
Der Lehrer schaut ihn argwöhnisch an. „Wieso?“, fragt er unfreundlich.
Bodo gibt ihm die Erklärung.
Da antwortet dieser ziemlich schroff. „Manche Orientalen finden Kebab schlecht.“
Jetzt kommt von Bodo ein „Wieso?“
Der Lehrer zeichnet mit den Händen die Form des Kebabfleisches nach. Bodo kommt es vor, als würde er einen überdimensionierten Phallus beschreiben. Dann geht der Lehrer.
Bodo ist enttäuscht. Sein Angebot scheint gar nicht erwünscht zu sein.
Als er die Bar betritt, ist der Laden voll. Der orientalische Gastwirt ruft gegen den Lärm an. „Tut mir leid, siehst ja selber, was hier los ist. Aber gleich fangen wir an.“
„Ach, lass mal, die Schüler sind weg. Ein andermal“, ruft Bodo zurück.
„Kein Problem“, ruft der Wirt und winkt mit der Hand.
Als Bodo den Park durchquert, trifft er auf eine Person, die er immer gern sieht. „Anna, du hier, das ist ja eine Überraschung.“ Er braucht Anna nur zu sehen und die Welt ist für ihn wieder in Ordnung.
Sie schaut ihn geheimnisvoll an und sagt, „ich habe dir etwas mitgebracht.“
„Oh, darf ich es sehen?“, fragt er überrascht.
Da zieht sie einen schönen, langen Schlüssel aus ihrer Tasche. „Der ist für dich. Willst du ihn ausprobieren?“
Bodo schaut sie verwundert an. „Ein Schlüssel.“ Er denkt an schöne Räume voller Schätze, die er sich aufschließen kann. Ein Strom des Glücks überkommt ihn. Aber gleichzeitig regen sich Zweifel. „Ist der nicht zu dünn?“, fragt er. „Der wirkt so zerbrechlich.“
Sie schaut ihn aufmunternd an.
„Meinst du, ja?“, fragt er, noch immer zögernd. Schließlich nimmt er ihn an. Bedankt sich und geht seines Weges.
An diesem Abend ist er mit Enrico verabredet. Deshalb geht er zwei Zentimeter neben seinen Schuhen. Als er neulich zu ihm ziehen wollte, hat es ja nicht geklappt. Plötzlich hat er im Wasser gelegen und musste einen Rückzieher machen. [17, Der Ball fällt ins Wasser]
Am Nachmittag trifft Bodo auf Paul. Der ist auf dem Weg ins Café und lädt ihn ein mitzugehen. Bodo wehrt ab. „Ich hab heut noch nichts geschafft.“
„Solche Tage gibt’s“, sagt Paul und zieht ihn mit sich.
Sie setzen sich an einen kleinen Tisch und ordern Kaffee. Als er Paul verrät, was Anna ihm geschenkt hat, meint dieser: „Jetzt kanns Schicksal besser an dich ran. Du bist jetzt freier.“
„Wie meinst du?“, fragt Bodo verblüfft.
Aber Paul lacht nur. „Du wirst schon sehen.“ Mehr ist nicht aus ihm rauszukriegen.
Endlich ist Abend. Er wird von Enrico freudig willkommen geheißen.
„Ich habe dich so ersehnt.“
Enrico ist ziemlich draufgängerisch. Das lange Warten hat ihn richtig aufgeladen. So ist Bodo noch nie geküsst worden. Zur Feier seines ersten Besuches öffnet der Gastgeber eine Flasche Schaumwein. Sie setzen sich aufs Sofa und stoßen an. Dann holt Bodo den Schlüssel hervor.
„Schau mal, was mir Anna überreicht hat.“
Enrico staunt. „Wow, der ist ja toll“, ruft er. Zum Glück stellt er keine dummen Fragen, wer diese Anna ist. Der Schlüssel verzaubert sie beide. Sie baden im Glück ihres ersten Zusammenseins. Bodo ist, als habe sich ein Teil von ihm, der lange in einem Schrank gesteckt hat, wieder mit ihm vereint. MLF

Dienstag, 28. Februar 2012

17 Der Ball fällt ins Wasser


Am liebsten hätte Toni sich aufgesetzt und von seinem Geliebten geschwärmt. Mili war gegenüber Männern an seiner Seite sehr tolerant. Wohl weil sie sich so vor Rivalinnen geschützt fühlte. Sie schien zu spüren, dass er abgelenkt war und lockte ihn nicht. Sie bedeckte sogar ihre Brüste, als sie zu berichten begann, was sie sonst nicht tat. AS

Endlich klappt, woran er schon nicht mehr zu glauben gewagt hat. Lothar befindet sich im siebten Himmel. Das heißt, er ist verliebt und wird geliebt. Viele Male hat er die Abzweigung nach links gesehen, und ist entschlossen gewesen sie einzuschlagen, aber dann ist er doch immer schon vorbei gewesen, bevor er sich’s versehen hat.
Am Vortag hat er im großen Stil aufgeräumt. Und jetzt zieht er um. Der Weg führt durch einen düsteren Tunnel. Dessen feuchter Grund wechselt zwischen abgetretenen Felsen und matschigen Stellen. Ihn erstaunt, wie andere es schaffen, ihre Waren durch diesen Tunnel zu befördern, ohne in den Dreck zu treten.
Und dann gelangt er zur Abzweigung. An dieser Stelle steht das Wasser tief. Aber es gibt Steine, in Schrittlänge voneinander entfernt, auf denen man die überschwemmte Passage trockenen Fußes überwinden kann. Jetzt erst wird ihm bewusst, wie viel er sich aufgeladen hat. Er kann kaum alles in den Armen halten. Vorsichtig tritt er von Stein zu Stein. Als er sich dem nach links abzweigenden Tunnel nähert, kommt ihm zum Glück sein Geliebter entgegen und zeigt sich hilfsbereit.
„Lass nur los, ich helfe dir.“
Lothar lässt los. Doch zu früh. Die Habe entgleitet ihm und fällt ins Wasser. Verzweifelt springt er hinterher. Schwimmend versucht er nach den Gegenständen zu greifen. Vor allem sein Ball ist ihm wichtig. Aber der treibt - einmal befreit – ein tückisches Spiel mit ihm. Wenn Lothar auf ihn zuschwimmt, weicht er zurück, kommt wieder näher und geht erneut zurück, sobald Lothar ihn fassen will. Schließlich hat er genug von dem Spiel und begibt sich auf festen Boden, wo er hergekommen ist. Seinem Geliebten, der ihn herwinkt und ihm zuruft, „das brauchst du doch alles nicht.“
Ruft er zurück, „ich warte lieber bis das Wasser abgeflossen ist.“ MLF

Mittwoch, 15. Februar 2012

11 Schwarz Beflügelte


Als Mili neben mir lag, machte sie eine ihrer vieldeutigen Bemerkungen, über die man sich Stunden und Tage den Kopf zerbrechen konnte.
"Endlich mal richtig. Vierzig Jahre..."
"Vierzig Jahre lang falsch gemacht", ergänzte ich, ihrem Tonfall entsprechend.
Von ihr kam keine Antwort.
Tja, was denkt man sich bei so einem Satz? Alleine für sich, sagt er ja nichts aus. Aber da ich sie ein bisschen zumindest kannte, vermutete ich, dass es einmal mehr um das Thema, 'hombsch oder nicht hombsch‘ ging. Das hinderte sie aber nicht daran, mich an sich zu ziehen und sich mit mir zu vereinen.
Darauf ließ sie mich die folgende Geschichte hören. AS

Zu ihrem Fest in der Stadt hatten die Hombschen (Schwulen) einen Tisch an den anderen über die Flussbrücke gereiht. So viele waren sie inzwischen, die offen lebten, dass es leicht war, alle Plätze zu füllen. Für Lothar, der spät kam, blieb nur ein Platz am Quai, wo man ein paar zusätzliche Tische hingestellt hatte. Während auf der Brücke schon lange festlich getafelt wurde, war sein Tisch noch immer leer. Als er bemerkte, dass man ihn vergessen hatte, ging er zur Brücke. Es gab Äpfel im Schlafrock und es waren genug davon da. Aber niemand kam auf die Idee, ihn zu fragen, ob er einen möchte. Und er selber war zu schüchtern, um sich selbst zu bedienen.
Da kam Manfred, ein Bekannter von ihm vorbei. Der schien seine Enttäuschung zu erraten, denn er forderte Lothar auf, ihn zu begleiten.
„Was willst du hier? Da gehörst du doch nicht dazu. Ich weiß dir einen besseren Ort, wenn du Sex haben willst.“
Aus Enttäuschung ging Lothar mit. Er hatte kein gutes Gefühl dabei. Der Bekannte war ziemlich skrupellos, wenn es darum ging, seine Sinnlichkeit auszuleben.

Manfred führte ihn zu einem Bahndamm, hinter dem sich ein schroffer Hügelzug erhob. An dessen Hang wucherten die Häuser eines heruntergekommenen Viertels. An der Böschung des Damms standen auf einem Absatz mehrere Prostituierte. Eine von ihnen öffnete ganz unverblümt ihre Bluse und präsentierte ihre prallen Brüste. Lothar war selbst überrascht, wie unbeteiligt er darauf starrte, als handelte es sich um zwei Nähkissen aus fleischfarbenem Trikot. Anscheinend hatte die Verwandlung, die er schon länger spürte, endgültig vollzogen. Er sprach nicht mehr auf ihre Reize an. Nach dieser Entdeckung hätte er eigentlich gehen müssen. Doch er blieb.
Seitlich, dem Damm entlang, war in einem Tunnel eine Kneipe, aus der grölende Stimmen von Besoffenen herschallten. Da hörte er Flügelschläge. Genau genommen hatte er sie schon seit der Ankunft beim Damm vernommen, aber erst jetzt realisierte er, wo das Geräusch herkam und schaute nach oben. Da sah er auf dem Hügelkamm, im Gegenlicht des gelben Abendhimmels, Beflügelte in schwarzen Ausrüstungen wie riesige Vögel umherflattern. Von ihnen kam das schwingende Geräusch. Ah, die schwarzen Gestalten kenne ich, erinnerte er sich. Eine neue Form zu demonstrieren. Wenn sie etwas nicht gutheißen, gehen sie nicht mehr auf die Straße zur Gegendemo, sondern belauern den Ort von oben in ihrem schwarzen Outfit. Das machte echt Eindruck, vor allem das Geräusch und die Schattenwirkung.
Statt zum Fest der Hombschen zurück zu kehren oder nach Hause zu gehen, setzte sich Lothar neben Manfred ins trockene Gras der Böschung. Ihm schien, es werde immer dunkler. Da sah er, wie die Beflügelten einen Vorhang bildeten von ganz oben herab bis auf die Gebäude ihnen gegenüber. Sie waren lückenlos verkettet über- und nebeneinander – Menschen wie du und ich, die sich die Zeit nahmen für dieses Engagement. Er sah wie die in der untersten Reihe ihre Arme ausschüttelten, weil sie vom Hochstrecken erschlafft waren. Wie machen das die oberen, fragte er sich, die konnten ja nicht einfach loslassen. Bei näherem Hinschauen bemerkte er, dass zusätzlich zwei Gummibänder mit Haken bei jedem Beflügelten für die Verbindung nach oben sorgten. Das Ganze wie ein riesiger gewölbter Vorhang. Die Stimmung erinnerte an eine Sonnenfinsternis. Dann schwangen sie ihre Flügel und weg waren sie.
Manfred wollte ihn überreden mit in den Tunnel zu kommen. Aber er entschloss sich anders. MLF