Glühend vereint – sie über mir – fängt sie an vom
Fliegen zu schwärmen. Und schon sind wir mitten in einer Geschichte. Sie dreht
sich zur Seite, stützt den Kopf auf den angewinkelten Arm und beginnt die
folgende Geschichte zu erzählen. Eine ganze Weile bleibe ich noch in ihr drin. AS
Bernhard ist wahrscheinlich der passionierteste Nachtflieger zwischen dem Unter- und dem Oberland. Da die Region fernab der großen Flugrouten liegt, gibt es dort nachts keine Flugüberwachung. Das nützt er schamlos aus. Mit seinem Leichtflieger gleitet er vorzüglich in den frühen Morgenstunden, wenn’s noch dunkel ist und – wie man sagt – kein Schwein unterwegs ist, die Seen und die Täler ab, immer begierig, etwas Ungewöhnliches zu sehen. Manchmal lässt er seinen Flieger auch hoch auf die Firne steigen und begutachtet den Stand des Gletscherschwundes. Lieber aber kreist er über den Discos bei den Seen und schaut zu, was ihm sein Lasersuchgerät so alles auf den Bildschirm, der direkt vor dem Steuerknüppel angebracht ist, holt. Da vergeht keine Nacht am Wochenende, wo er nicht mindestens ein Paar im angrenzenden Park aneinander rumfummeln sieht. Wobei sein Blick mehr auf Paare mit zwei Schwänzen aus ist. Aber die tauchen leider nicht so häufig auf seinem Monitor auf.
Um sich
diese Spielerei leisten zu können, muss er richtig Kohle machen. Im Gegensatz
zum Wandern, ist die Fliegerei bekanntlich alles andere als billig. Des Öfteren
setzt er seine Fertigkeit als Helipilot ein, z.B. für Holztransporte aus den
Gebirgswäldern oder für die Versorgung von Berghütten. Aber solche Jobs fallen
eher sporadisch an und bleiben folglich eine dürftige Einnahmequelle. Deshalb
ist er auf seinen Job als LKW-Fahrer angewiesen. Da wird ihm eine besonders
lukrative Fahrt von Wattenwil nach Zweisimmen angeboten. Das bittere dabei, der
Transport muss jeweils in den frühen Morgenstunden erfolgen. Das heißt, genau
dann, wenn seine beste Flugzeit ist. Nur so ist zu erklären, wie es zu dem
folgenden Abenteuer gekommen ist.
Er könnte
doch den LKW von seinem Flieger aus steuern. Dann hätte er die Einkunft für den
Transport und zugleich das Flugvergnügen. Erst glaubt er selber nicht an sein
Vorhaben. Aber dann fliegt er die Strecke zwei, drei mal ab und sagt sich
schließlich, auf einen Versuch könnte ich‘s ankommen lassen.
Es soll
hier nicht auf die ganzen Vorübungen eingegangen werden, die nötig gewesen sind,
um schlussendlich die Strecke von Wattenwil bis Zweisimmen zu wagen. (Zuerst
den Transport mit Fernsteuerung im LKW sitzend. Dann Steuerung des LKWs auf
einer einfachen Strecke von einem hochgelegenen Fixpunkt aus. Dann Steuerung
des LKWs auf einer kurvigen Strecke von einem anderen hochgelegenen Fixpunkt
aus. Dann auf einer leichten Strecke vom Leichtflugzeug aus. Dann auf einer
kurzen kurvigen Strecke von ebenda). Zwischendurch hat er sich schon gefragt,
ob sich der Aufwand überhaupt lohne. Aber da er nachts möglichst in der Luft
sein will, lässt er sich von den Zweifeln nicht ablenken. Endlich ist es
soweit, dass er den Transport von oben gesteuert wagen kann. MLF
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