Toni gerät in ein
Wachsfigurenkabinett und freut sich anfänglich. Er liebt es, prominente
Personen als lebensechte Figuren zu betrachten, weil man ihnen dabei so nahe kommen
kann. Aber dieses Kabinett ist anders. Verwundert stellt er fest, dass die
Figuren sich bewegen. Er als Zuschauer ist dagegen starr. Wie ein Blitz
durchfährt ihn der Gedanke, dass man hier die Zuschauer zu bleichen
Wachsfiguren macht. Schweißgebadet wacht er auf.
Über ihm Mili, hat sich
Sorgen gemacht. Mit einem Tuch reibt sie ihn trocken und erregt ihn dabei. Beim
Liebesspiel gewinnt er seine volle Beweglichkeit zurück.
Im Anschluss berichtet
Mili, wie Kermit in Römersdorf… AS
Sein Mentor lässt ihm die Bitte zutragen, in Römersdorf ein
Interview mit einer Person zu führen, die bis vor kurzem eine wichtige Rolle im
öffentlichen Leben innegehalten hat. Aus dem A4-Blatt, das man ihm reicht, geht
hervor. Der Betreffende war ein Selfmademan. Er hat lange Jahre auf eigene
Faust erfolgreich im Bereich des Investments gedealt. Dann wurde ihm die
Leitung der Hyperbank überantwortet. Neun Jahre später dann der Kollaps. Der Zusammenbruch
des großen Bankgebildes liegt inzwischen drei Jahre zurück. Es gibt noch immer keine
Selbstauskünfte des Verantwortlichen. Bei den Gerichtsverhandlungen haben bloß
die Anwälte gesprochen. Was mögen die Gründe für den verheerenden Einsturz
gewesen sein? Das solle Kermit im Gespräch herausfinden. Die Sekretärin des
Bündners hat den Selfmademan unter Druck gesetzt, bis er sich schließlich zu
einem Interview bereit erklärt hat. Doch Kermits Blick wird auf dessen Familie
gelenkt.
Durch die äußere Tür wird er in einen Vorraum eingelassen. Dieser
Eingangsbereich hat wohl ursprünglich als Parkplatz für zwei stattliche
Limousinen hintereinander gedient. Ist aber überdacht worden und wird jetzt als
zusätzlicher Aufenthaltsort und als Spielbereich genutzt. Die rechte Wand
bildet die Trennmauer zum nächsten Grundstück, links dringt durch drei Fenster
Licht vom Garten ein. Am Boden liegen Spielzeuge verstreut.
„Sie sind der äh…“, sagt die Frau, mit wenig Anstrengung ihre
Abneigung zu verbergen. Der Ausdruck von ihr stimmt ihn wenig optimistisch.
Ohne sie schlecht machen zu wollen, muss er sich eingestehen, dass ihr Gesicht
nicht nur farblos, sondern verbraucht aussieht, ja sogar hässlich zu nennen
ist. „Mein Mann wird gleich kommen“, fügt sie mit tonloser Stimme hinzu, „wenn
Sie eine Weile zu warten belieben“. Obwohl der Vorraum nicht klimatisiert sein
kann, kommt er sich vor wie in einer Bankfiliale. Sie lässt ihn bei der äußeren
Tür stehen und geht bei der inneren Tür, der Haustür, einer Beschäftigung nach,
die nicht so wichtig sein kann, wie sie ihr den Anschein zu geben gewillt ist. Kermit
schüttelt den Kopf. Wie hat einer, der so erfolgreich gewesen ist, nur an so
einer Frau festhalten können? Das will ihm nicht in den Kopf.
Die Haustür geht auf. Nicht wie erwartet der ehemalige
Hyperbanker, sondern zwei Knaben treten heraus. Der Ältere vielleicht dreizehn,
der Jüngere neun oder zehn. Sie sind zu stolz, ihn zu begrüßen, aber können
ihre Neugierde doch nicht ganz verbergen. Ihn freut, dass diese wenigstens
hübsch sind. Nur die Art, wie sie gehen, eckig und übertrieben, kommt ihm
befremdlich vor. Fast als hätten sie eine Disposition zu Spastikern. Sie
streben direkt auf die Wand zu. In zwei Nischen sind Auto-Kindersitze montiert.
Artig setzen sie sich hinein und schnallen sich fest. Kermit nimmt jetzt nur
noch ihre Hände wahr und die Beine unterhalb den Knien, die sie schlenkern
lassen. Wäre er alleine, würde er zu den Knaben hingehen und sie ansprechen.
Aber wegen der Frau, die nur Ablehnung signalisiert, bleibt ihm nichts anderes
übrig, als auf der Stelle zu verharren. Immerhin erhält er so einen Eindruck
von der Familie des Gescheiterten. MLF
…
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