Beim Einschlafen konnte es
Toni kaum erwarten, bis er wieder in Milis Armen liegen würde. Doch als er
nachts aufwachte und sie gegenüber sah, kam sie ihm irgendwie fremd vor. Er war
selbst nicht richtig bei sich. Ein Teil von ihm schwebte über dem Bett und
beobachtete, wie sie sich ihm darbot und wie er auf sie reagierte. Er glaubte
einem Paarungstanz von Vögeln beizuwohnen. Ornithologen haben herausgefunden,
dass das Männchen den Tanz fortsetzt, wenn das Weibchen durch eine Strohpuppe
ersetzt wird. Während der stärksten Glut der Vereinigung wich dieses Gefühl.
Aber nur um danach mit doppelter Intensität zurückzukehren.
Mechanisch schob sich seine
Bettgefährtin auf dem Kissen nach oben. Selbst ihre Stimme klang fremd – irgendwie
tönern – während sie die folgende Geschichte erzählte. AS
Nach der beängstigenden Erfahrung über dem Atlantik, mit der
Panik vor den fremden Flugzeugen und den Aggressionen gegen sie, ist Kermit
nicht mehr so erpicht darauf, Expeditionen auf eigene Faust zu unternehmen.
Mehrmals schon haben ihn solche Fahrten in einen Strudel kollektiver Ängste gerissen,
die jedesmal in einem immer wieder anders gearteten, alptraumartigen Fiasko
geendet haben. Im Bündner Erdbebengebiet hat Kermit einen Coach gefunden. [Luft
wie Wasser, 21.02.] Der Bündner hat es nicht offen ausgesprochen, hat ihm aber
indirekt zu verstehen gegeben, dass er ihm gerne bei seinen Entdeckungsreisen
beistehen würde. Als der Coach ihm zu einem Aufenthalt an einen exotischen Ort,
nahe am Meer rät, geht er auf den Vorschlag ein und reist dorthin.
Auf einem Hügel, der aus einer Düne entstanden ist, schlägt er
sein Zelt auf. Ein leichter Wind weht durch die Bäume und trägt den Geruch des
Meeres zu ihm. Um die Zeltschnüre spannen zu können, steckt er die Heringe
hinter Wurzeln, damit sie in dem sandigen Boden Halt finden. Als das Zelt
steht, breitet er eine Decke aus und ruht sich aus. Ähnlich wie im Bündner
Erdbebengebiet ist auch hier das Gelände uneben und bewaldet. Der Untergrund
ist allerdings ein sandiger und zwischen den anspruchslosen Kiefern finden sich
einzelne Palmen. Was Kermit das Gefühl vermittelt auf einer exotischen Insel zu
sein. Aber er ist nicht hier, um sich zu entspannen, sondern um auf Entdeckung
zu gehen. Dessen ist er sich bewusst, auch wenn er noch keine Vorstellung davon
hat, was es hier zu erkunden gilt.
Im Sitzen dringt sein Blick durch die Bäume und lässt ihn nicht
weit entfernt ein Gebäude erkennen. Es steht an einem Hang, der deutlich höher
ansteigt, als der Standpunkt, auf dem er sich eingerichtet hat. Auf dem
Vorplatz vor dem Gebäude kann er Gestalten erkennen, die sich bewegen. Seine
Neugierde ist geweckt. Er möchte erfahren, was es mit diesem Gebäude, in einem
lichten Wald, auf unebenem Gelände, nicht weit vom Meer entfernt, auf sich hat.
Er trinkt noch einen Schluck Wasser aus der Flasche, rafft sich
dann auf und rutscht in die Senke hinab, die ihn von dem größeren Hügel trennt.
Sich an Pflanzen und Wurzeln haltend arbeitet er sich zum Weg hoch, der an dem
Gebäude vorbei führt. Er erklimmt den Weg etwas unterhalb des Hauses. Dieser
steigt nach rechts hin an und bildet den leicht geneigten Vorplatz des Hauses.
Dort sieht er Tiere, von denen er nicht weiß, ob es Lamas oder kleine Kamele
sind, und eine Hand voll Personen, die einfache Arbeiten verrichten und sich
dabei unterhalten. Als Tourist, der zufällig einen Abstecher von der Küste aus macht,
mag man ihn einschätzen. Die anwesenden Menschen scheinen ihn nicht zu bemerken
oder sie sind vom Typ Einheimischer, die Touristen bewusst keine Aufmerksamkeit
schenken. Umso neugieriger zeigen sich die drei Tiere. Sie fixieren ihn und
folgen ihm mit ihren großen Augen. Er ist sich noch immer nicht sicher, um
welche Gattung es sich handelt. Wenn sie sich nicht bewegten, würde er sie
glatt für Stofftiere halten. Aber als er an ihnen vorbeigeht, drehen sie alle
gleichzeitig ihren Kopf und verfolgen ihn weiter. Er hat das seltsame Gefühl,
als wenn ihn Frauengesichter betrachteten. Unweit vom Haus steigt er wieder in
den Wald hinab und kehrt zurück zum Zelt.
Dieser kurze Entdeckungsgang hat seine Neugierde keinesfalls
gestillt, sondern sie vielmehr angefacht. Es ärgert ihn, dass er sich von den
Blicken der Lamas – er hat sich entschieden, dass es Lamas sind – gefangen hat
nehmen lassen und es versäumt hat, den Kontakt zu den anwesenden Personen zu
forcieren. Am liebsten würde er gleich zurückkehren. Aber dies scheint ihm für
seine Mission nicht günstig. Also ruht er sich aus, liest ein bisschen und
lässt Zeit verstreichen. MLF
…
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