Donnerstag, 8. März 2012

21 Abrigator kontra Supernator i

Als Toni aufwacht, sieht er im fahlen Licht seine Decke sich wellenförmig bewegen. Ein Schreck durchfährt ihn. Er glaubt, eine Echse befinde sich darunter. Die Furcht legt sich schlagartig, als Milis glänzende Haare und ihr schöner Kopf zum Vorschein kommen. Durch das viele Schwimmen mit der Flosse hat sie im Rumpf eine solche Kraft entwickelt, dass sie sich wellenförmig fortbewegen kann. Du bist mein Superweib, ruft er aus und das Liebesspiel beginnt.

Anschließend erzählt sie ihm die folgende Geschichte. AS

Den ganzen Tag hat sich Tommy darauf gefreut, in den Begegnungsraum zu gehen. Das ist sein Lieblingstreffpunkt. Ebenerdig, Filzdecken und Sitzkissen am Boden, Möbel nur bei der Theke. Konsumiert wird dort kaum, wer will, kann sich einen Tee machen. In diesem Raum geht’s wirklich um Begegnung, man kommt leicht mit anderen in Kontakt – meistens jedenfalls.
Aber bevor er gegen Abend dorthin kann, muss er sich noch ganz schön abstrampeln. Für seine Firma, wie üblich [5, ‚Keine Aushilfen mehr‘]. Den ganzen Tag ist er im Außendienst. Den Morgen verbringt er im Haldenviertel. Um den Abgleich von Notizbüchern geht’s da. Es wird ihm schnell klar, dass er die Sache selber in die Hand nehmen muss. Aber er möchte eben auch, dass die anderen mitziehen und ihn unterstützen. Verena Maß zeigt sich bereit, ihm zu helfen. Das freut ihn natürlich. Sie greift nach ihrer Bohrmaschine, um die Löcher nach den Maßen zu weiten, wie sie im Notizbuch stehen, das ihr Tommy reicht. Da das Maß sehr groß ist, nimmt sie nicht den Bohreinsatz sondern das Bohrfutter. Als Tommy das sieht, ruft er halt und nimmt ihr die Maschine ab. So hat das keinen Sinn, da machst du höchstens deine kleine Maschine kaputt.
Den Nachmittag verbringt er in Weitwil, bei Freunden vom Chef, die in Portugal ihren Urlaub verbringen. Eben hat er die Katzen versorgt und will sich mit der Zeitung aufs Sofa legen, als jemand vom Flur beim Hintereingang her ruft.
„Hallo, ist da wer?“
Ein junger Mann bringt eine Lieferung und sucht jemand der reintragen hilft. Okay, laden wir den Wagen aus, denkt Tommy, dann setze ich die Pause fort. Aber der Lieferant führt ihn in den zweiten Stock hoch. Ein Zimmer voller Konservengläser, mehrheitlich Gurkengläser, die es runter zu tragen gilt. Unten zeigt er ihm die Kammer neben der Küche, wo sie hingehören.
„Rauchen wir eine?“, fragt der junge Mann. „Warum nicht“, entgegnet Tommy und geht mit nach draußen. Von Weitwil aus hat man einen herrlichen Blick in die Berge. Die Sonne scheint ihnen ins Gesicht.
Wieder im Haus drin, zeigt sich, dass der Junge des Lieferanten in den Flur gepinkelt hat. Während der junge Vater sauber macht, fängt Tommy schon mal an, die Einmachgläser runter zu räumen. Das halbe Zimmer da oben ist voll davon. Außer einem Bett ist sonst nichts mit drin. Beim dritten oder vierten Mal Hochsteigen stößt er auf den Lieferanten, der sich entschuldigt. „Der Junge lässt mich leider nicht gehen.“
„Das kenne ich“, sagt Tommy verständnisvoll, „es ist noch gar nicht so lange her, dass ich mich auch um Kinder zu kümmern hatte“.
Als in die Kammer unten nichts mehr reinpasst, ist der Nachmittag um und er hat noch nicht mal das halbe Regal oben leergeräumt. Ein ziemlich umtriebiger Tag. Und was ihn halt doch immer wieder ärgert, andere kriegen dafür Geld, während er gerade mal wieder auf die Unterstützung seiner Mutter angewiesen ist. Sei’s drum, jetzt freut er sich auf den Begegnungsraum. MLF
 

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