…
Er steuert
mit dem Flugzeug die Halle an, von der aus der LKW beladen worden ist. Per
Fernsteuerung bedient er den Anlasser. Das Geräusch des startenden Motors hört
er nicht, aber er sieht ein leichtes Rütteln des Gefährts und das Licht geht
an. Der schwere Wagen fährt los, aus dem Industriegelände hinaus auf die
Umgehungsstraße von Wattenwil, erster Kreisel, zweiter Kreisel, dann die
Landstraße, vorbei an Blumenstein, bei Wimmis die Einmündung auf die
Simmentaler Strecke talaufwärts.
Da bemerkt Bernhard
erstmals, dass er ermüdet. Das hat er nicht bedacht, dass bei einer so langen
Strecke seine Konzentration ganz anders gefordert wird, als bei den
spielerischen Unternehmungen, denen er sonst nachhängt. Selbst stundenlange
Helitransporte haben ihn nicht so angestrengt, wie diese Fahrt jetzt. In dieser
Verfassung wird es schwierig, den Laster immer genau auf Spur zu halten und
nebenher den Flug nicht zu gefährden. Zum Teil kann er den Straßenverlauf auf
seinem Monitor nicht exakt sehen. Weil er leicht seitlich der Straße fliegt,
stören vorspringende Felsen die Sicht. Es geht eine Weile, bis er sich der
Schwierigkeiten voll bewusst wird. Von der Anstrengung betäubt, befindet er
sich in einem schlummernden Zwischenzustand. Er schläft nicht, ist aber auch
nicht ganz wach. Auf der Höhe von Erlenbach erlangt seine Konzentration den
Tiefpunkt. Als beim Schneiden der Kurven Gedanken aufkommen, wie: ‚man muss
auch mal was gerade sein lassen‘ oder ‚wird schon keiner entgegenkommen‘ oder ‚was
soll’s, ist ja nur ein kleiner Blechschaden‘, schreckt er endlich auf. Es kann
eben doch jemand entgegen kommen, auch wenn es unwahrscheinlich ist, das reißt
ihn aus seiner Betäubung hoch. Er drosselt die Geschwindigkeit und hält den
Flieger exakt über der Straße. Doch nach Boltigen, kurz vor Reidenbach, ist
plötzlich der Laster weg. Dass das passieren könnte, weiß er, es ist nicht ganz
auszuschließen. Bernhard schaltet sofort auf Stopp, stellt per Fernsteuerung
den Warnblinker ein und schaltet den Motor aus.
Eine volle
Stunde braucht er, bis er gelandet ist und mit dem PKW zu der Stelle vor
Reidenbach gelangt. Was er von oben nicht gesehen hat, dass an dieser Stelle
die Straße nach Schwarzenmatt abzweigt. Aber sowas hat er vermutet. Eine
Abzweigung nach rechts durchquert das Felsmassiv und wie der LKW dort
eingemündet ist, hat er ihn auf dem Bildschirm nicht mehr sehen können. Der LKW
steht 300 m weiter und blockiert die rechte Fahrspur. Ein PKW-Fahrer fährt
langsam vorbei und starrt ihn an. Wahrscheinlich ein Bäcker, der nach seinen
Backautomaten schauen muss.
Bernhard steigt
ein und entfernt die Fernsteuerung. Auf den Starter ertönt ein tiefes Brummen
und mit einem freudigen Rütteln zeigt sich der riesige Leib bereit zur
Weiterfahrt. Er wendet und fährt an seinem Wagen vorbei, den er später holen
muss. Pfeifend lenkt er schließlich den LKW vor die Rampe am Ziel. Heiße Sache.
Schwertransport aus der Luft gesteuert. Wer würde ihm das glauben. Gut, etwas
Feinarbeit vor Ort war noch nötig gewesen. Und etwas Glück hat er auch
herausgefordert. MLF
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