Mittwoch, 18. April 2012

38 Langer, tiefer Raum mit Steg

 Woher rührte die köstliche Erregung, die von ihrem Körper auf ihn überging? Wo war das Besondere wohl versteckt?, fragte sich Toni. Am liebsten hätte er mit der Hand in Mili hinein gefasst, in ihre Taille und ihre Schenkel und hätte in ihre Brust gebissen wie in eine reife Frucht. Aber das ging natürlich nicht. Ihr Körper war ja abgeschlossen, wie seiner auch. Aber es gibt Körper, die offen sind, überlegte er wie die Erde zum Beispiel oder die Pflanzen. An denen können wir uns bedienen. Die geben sich uns hin in dieser noch extremeren Form. Vor lauter Sinnieren vergaß Toni beinahe das Liebesspiel. Um ihn aufzumuntern, umfasste Mili den Stamm seines Penis mit zwei Fingern. Sie spannte diese wie einen Cockring. Da schwoll der Stab zu schöner Fülle an. Behutsam führte sie ihn in sich ein und sie kosteten Lust.
Danach bettete sich Mili auf die Kissen und begann ihre Geschichte. AS

Nachdem Ruben die Bilderwand für die westsibirische Stadt beendet hatte, begann er ein neues, noch größeres Unterfangen.
„Ich kann die Arbeit, die mir vorschwebt, nur unter Dach leisten“, sagte Ruben zu Jasmus. „Könntest du dir vorstellen, mich bei dieser Arbeit zu unterstützen?“
„Wie stellst du dir das vor?“, fragte Jasmus abwehrend. „Bisher haben wir es irgendwie geschafft, dich über Wasser zu halten. Weil ich und Inge arbeiten. Aber wenn zwei um der Muse Lohn arbeiten, wird das nicht lange gut gehen.“
„Wir kriegen doch demnächst das Geld vom Gouverneur. Das teilen wir redlich auf. Dann können wir, wenn wir sparsam sind, uns ein Jahr lang intensiv dem Prozess widmen“, sagte Ruben und strahlte beglückt aus seinen blauen Augen.
Jasmus tat es leid, dass er seinen Freund immer wieder mit der rauen Wirklichkeit konfrontieren musste. „Du denkst also, dass du das Fördergeld kriegen wirst?“, fragte er in einem Ton, der an einen herbstlichen Windstoß denken ließ.
„Wir sind doch extra dorthin gegangen. Man hat uns das Geld doch zugesagt“, befand der Künstler voller Zuversicht.
„Du hast einen Antrag gestellt, hast ein Formular ausgefüllt, mehr nicht“, entgegnete Jasmus trocken und bedauerte, dass er schon wieder dabei war, die Illusionen seines Freundes zu zerstören.
Ruben schaute ihn trotzig an, enttäuscht wie ein bestraftes Kind.
„Also gut“, lenkte Jasmus ein, „solltest du den Förderpreis kriegen, bin ich dabei.“
„Das kann aber unmöglich warten“, sagte Ruben gepresst, „ich habe doch schon damit begonnen. Da ist plötzlich die Eingebung gewesen, habe zu graben angefangen. Es hat geklappt. Stell dir vor es hat geklappt. Der Prozess läuft. Ich brauche dringend ein Dach.“
„Was hat geklappt?“, fragte Jasmus neugierig. Ruben führte ihn zu einem großen Mannschaftszelt. Ein unförmiges Ding unweit von Rubens Haus.

Drei Monate später: Vom Haus aus zieht sich eine Halle den Hang hoch und geht ein Stück über die Kuppe. Mit jedem Arbeitsfortschritt, wird sie verlängert. Die Frontwand wird vorgeschoben, neue Seitenteile und transparente Dachplatten werden eingesetzt.
Jasmus geht nach drinnen. Durchs Plexiglasdach fällt gedämpftes Licht. Den Hauptteil bildet der in der Erde liegende, aus vielen Segmenten bestehende, erdige Körper. Rechts davon, der Wand entlang, führt ein Steg. Auf diesem läuft er zur Kuppe hoch und die Neigung leicht abwärts bis zur Plattform an der Spitze des Projekts. Diese bildet die Fläche, von der aus Ruben und seine Helfer ihre Arbeit verrichten. Sie ist begrenzt von der Stirnwand, die in Intervallen weiter geschoben wird.
Fünf Personen sind im Einsatz, als Jasmus an die Stirnseite kommt. Eine Frau und ein Mann stehen auf der Plattform. Sie senken den Kopf und weichen zurück, als wollten sie unsichtbar bleiben. Ruben steckt mit den Jungs in der Vertiefung. „Hallo“, grüßt er nach unten. Sie schauen kurz auf, aber er ist sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt sehen. Anders, wenn es die Halle zu verlängern gilt. Dann ist er plötzlich der gefragte Mann. Rubens Projekt besteht darin, aus dem in der Erde enthaltenen Fleisch einen Körper zu schaffen. Es gelingt ihm tatsächlich immer neue Segmente zu bilden und mit dem Gesamtkörper zu verbinden. So zieht sich vom Anfang der Halle über die Kuppe bis hierher ein raupenförmiger Körper. Noch ist es kein vollständiges Wesen, der Kopf fehlt und Beine sind auch nur vereinzelt zu sehen. Aber der Körper hält zusammen und zersetzt sich nicht. Jeden Tag wird er ein Stück lebendiger. Die Schwierigkeit bei dieser Arbeit ist, das Fleisch aus der Erde zu einer Einheit zu runden und dann mit dem bestehenden Körper zu verbinden. Auch darf man sich nicht von Fossilien irritieren lassen, die höchstens als Krallen zu verwenden sind. Die Jungs zeigen schon ein großes Geschick und unterstützen ihren Vater in jeder freien Minute. Zusätzlich haben sich als helfende Engel die beiden auf der Plattform in das Projekt mit eingeklinkt. Wenn Ruben unten nicht beurteilen kann, ob etwas Fleisch oder bloß Humus ist, bewerten sie die Stücke aus Distanz und sind mit ihrem Gutachten meist richtig. Sie reichen aber auch Werkzeug runter, sorgen für frisches Wasser etc.
Jasmus sieht, dass der Abstand zur Stirnwand noch ausreicht und geht den Steg wieder zurück. Unten trifft er auf einen Journalisten, der aus der Seitentür tritt. Er hat von dem Projekt gehört und bittet Jasmus um eine genauere Beschreibung.
„Dokumentationsmaterial haben wir bisher leider keines“, antwortet Jasmus bedauernd.
Der Journalist wirft einen Blick in die Vertiefung, scheint irritiert, setzt zu einer Bemerkung an, besinnt sich aber anders und verlässt die Halle wieder.
Jasmus bereut, dass er ihm keine Beschreibung in Aussicht gestellt und nicht nach den Kontaktdaten gefragt hat. Das ist es doch, was wir die ganze Zeit herbeigesehnt haben, sagt er sich.
Zum Glück kommt bald darauf wieder eine interessierte Person. Es ist eine Frau. Sie bringt mehr Zeit mit und Jasmus gibt sich mehr Mühe, ihr Interesse an diesem Projekt zu fördern. Er führt sie der Vertiefung entlang und beschreibt den Körper. „Sehn Sie, hier ist ein Segment zu Ende und da beginnt ein Neues. Der Künstler schafft diese aus dem in der Erde enthaltenen Fleisch.“
„Man hat mir sowas gesagt“, bemerkt sie zögernd. „Wie kann man den Unterschied zu einem Körper aus gewöhnlicher Erde erkennen? Vielleicht bin ich etwas unbedarft, aber ich sehe da keine Differenz.“
Jasmus weist auf die Spalte zwischen zwei Gliedern. „Wenn sie hierhin schauen, können sie eine ganz leichte Bewegung sehen. Sehn sie’s?“
„Vielleicht, ich bin mir nicht sicher“, sagt sie verhalten.
„Warten Sie’s ab. Der Körper wird sich weiter entwickeln. Ich bin gerade daran, ein Faltblatt über dieses Projekt zusammenzustellen. Darf ich es Ihnen zukommen lassen?“
„Gerne.“ Sie reicht ihm ein Kärtchen und verabschiedet sich.
Jetzt weiß ich, was ich zu tun habe, sagt sich Jasmus, bis die Halle zu verlängern ist, muss ich die Dokumentation fertig kriegen. MLF

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