Dienstag, 31. Januar 2012

1 LKW ferngesteuert nach Zweisimmen i

 Glühend vereint – sie über mir – fängt sie an vom Fliegen zu schwärmen. Und schon sind wir mitten in einer Geschichte. Sie dreht sich zur Seite, stützt den Kopf auf den angewinkelten Arm und beginnt die folgende Geschichte zu erzählen. Eine ganze Weile bleibe ich noch in ihr drin. AS

Bernhard ist wahrscheinlich der passionierteste Nachtflieger zwischen dem Unter- und dem Oberland. Da die Region fernab der großen Flugrouten liegt, gibt es dort nachts keine Flugüberwachung. Das nützt er schamlos aus. Mit seinem Leichtflieger gleitet er vorzüglich in den frühen Morgenstunden, wenn’s noch dunkel ist und – wie man sagt – kein Schwein unterwegs ist, die Seen und die Täler ab, immer begierig, etwas Ungewöhnliches zu sehen. Manchmal lässt er seinen Flieger auch hoch auf die Firne steigen und begutachtet den Stand des Gletscherschwundes. Lieber aber kreist er über den Discos bei den Seen und schaut zu, was ihm sein Lasersuchgerät so alles auf den Bildschirm, der direkt vor dem Steuerknüppel angebracht ist, holt. Da vergeht keine Nacht am Wochenende, wo er nicht mindestens ein Paar im angrenzenden Park aneinander rumfummeln sieht. Wobei sein Blick mehr auf Paare mit zwei Schwänzen aus ist. Aber die tauchen leider nicht so häufig auf seinem Monitor auf.
Um sich diese Spielerei leisten zu können, muss er richtig Kohle machen. Im Gegensatz zum Wandern, ist die Fliegerei bekanntlich alles andere als billig. Des Öfteren setzt er seine Fertigkeit als Helipilot ein, z.B. für Holztransporte aus den Gebirgswäldern oder für die Versorgung von Berghütten. Aber solche Jobs fallen eher sporadisch an und bleiben folglich eine dürftige Einnahmequelle. Deshalb ist er auf seinen Job als LKW-Fahrer angewiesen. Da wird ihm eine besonders lukrative Fahrt von Wattenwil nach Zweisimmen angeboten. Das bittere dabei, der Transport muss jeweils in den frühen Morgenstunden erfolgen. Das heißt, genau dann, wenn seine beste Flugzeit ist. Nur so ist zu erklären, wie es zu dem folgenden Abenteuer gekommen ist.
Er könnte doch den LKW von seinem Flieger aus steuern. Dann hätte er die Einkunft für den Transport und zugleich das Flugvergnügen. Erst glaubt er selber nicht an sein Vorhaben. Aber dann fliegt er die Strecke zwei, drei mal ab und sagt sich schließlich, auf einen Versuch könnte ich‘s ankommen lassen.
Es soll hier nicht auf die ganzen Vorübungen eingegangen werden, die nötig gewesen sind, um schlussendlich die Strecke von Wattenwil bis Zweisimmen zu wagen. (Zuerst den Transport mit Fernsteuerung im LKW sitzend. Dann Steuerung des LKWs auf einer einfachen Strecke von einem hochgelegenen Fixpunkt aus. Dann Steuerung des LKWs auf einer kurvigen Strecke von einem anderen hochgelegenen Fixpunkt aus. Dann auf einer leichten Strecke vom Leichtflugzeug aus. Dann auf einer kurzen kurvigen Strecke von ebenda). Zwischendurch hat er sich schon gefragt, ob sich der Aufwand überhaupt lohne. Aber da er nachts möglichst in der Luft sein will, lässt er sich von den Zweifeln nicht ablenken. Endlich ist es soweit, dass er den Transport von oben gesteuert wagen kann. MLF

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