Er wusste aus den Geschichten von Mili, dass René in einem
Ärztehaus wohnte. Da er, dank des Wohnmobils von Mark, die Freiheit hatte,
herumzufahren, wollte er ihn aufsuchen. Das Haus war nicht schwierig zu finden.
Es stach hervor durch einen großen Eingang als Vorbau. Die Tür stand offen.
Toni trat ein und stieß im Eingang auf zwei Leiterteile, deren linke und rechte
Seite nicht verbunden waren. Er holte die beiden Holme mit den vereinzelten
Sprossen herunter und steckte sie ineinander. Um sie verbinden zu können,
brauchte er einen Hammer. Er ging zum Wohnmobil, suchte unter den Sitzen nach
einer Werkzeugkiste und fand sie schließlich in einer Nische bei der Hintertür.
Mit dem Hammer klopfte er auf den hochgerichteten Holmen, drehte die Leiter und
klopfte auf der anderen Seite, bis die Sprossen fest saßen. Dann stellte er die
Leiter auf und verstaute das Werkzeug wieder im Bus.
Als er zurückkam, stand die Luke über dem Eingang offen. Eine
schöne Frau mit einem markanten Gesicht stieg die Leiter herunter. Als sie Toni
sah, blieb sie auf den Sprossen stehen. Sie schaute ihn einladend an, machte
auf der Leiter kehrt und stieg wieder nach oben. Toni glaubte in der Kammer
darüber die Stimme eines Kinders zu hören. Er wurde neugierig, wie sie da oben
hausten und stieg hinter der Frau hoch. Von unten wirkte der Raum völlig
dunkel. Oben angekommen dauerte es eine Weile, bis sich seine Augen an die
Dunkelheit gewöhnt hatten. Es war ein sehr primitiver Raum. Licht und Luft
drangen nur durch einzelne Ritzen herein. Eine Fläche mit Heu, eine Kiste als
Tisch und einige Kartonschachteln, die wahrscheinlich Kleider enthielten. Das
Kind nahm er nur schattenhaft war, es kauerte weiter hinten auf dem nackten
Boden. Links neben der Luke stand ein Tablett mit zwei Tellern, einem großen
und einem kleinen, und ein paar Essensresten. Dahinter stand auf einem Klotz
ein Plastikbehälter mit Hahn, vermutlich das Trinkwasser. Daneben lagen Becher.
Wie mochte es kommen, dass eine Frau mit Kind in einer so primitiven Behausung
darben musste?
Als wollte sie ihn von seinen Grübeleien ablenken, öffnete die
Frau die Knöpfe ihrer Bluse. Ein weißer, makelloser Oberkörper kam zum
Vorschein, allerdings ohne den geringsten Brustansatz. Toni war wie
hypnotisiert von dieser schönen, glatten Brust. Wohl durch den Kontrast des
weißen Körpers mit dem Dunkel des Raums wurde er davon wie magisch angezogen.
Er berührte sie zärtlich, beugte sich vor und küsste sogar flüchtig ihre
Lippen. Seine Gefühle brachten ihn in eine schwierige Lage. Eine Stimme in ihm
sagte warnend: Wenn du dich auf diese Frau einlässt, wirst du kein normaler
Mensch mehr sein. Er konnte sich die starke Anziehung, die von ihr ausging, nur
durch den ungewöhnlichen Raum – der ein verbotener zu sein schien – erklären.
Die Frau legte ihr Kind an die Brust. Aber das Kind verschluckte sich. Von
einer flachen Brust konnte keine Milch kommen. Es musste Luft geschluckt haben.
Toni nutzte die Gelegenheit, da die Mutter mit dem Kind beschäftigt war, kroch
zur Luke und stieg die Leiter hinab.
Vor dem Haus draußen traf er auf das Ärztepaar.
„René ist wohl nicht da“, sagte er als Erklärung, warum er aus
dem Haus herauskam. Dass er die Frau über dem Eingang getroffen hatte, verriet
er nicht. Das Paar sah sich vielbedeutend an. Er hatte das Gefühl, dass sie
Bescheid wussten. Vielleicht hatten sie beobachtet, wie er die Treppe
hinuntergeklettert war.
„Wir möchten Ihnen – wie all unseren Besuchern – mitteilen, dass
unser Haus zum Verkauf steht“, sagten sie erwartungsvoll. Toni blickte staunend
auf das imposante Gebäude.
„Ah ja, wirklich?“, entfuhr ihm. Er vergaß für einen Augenblick
seine wirtschaftliche Situation und dachte. Ich werde es kaufen. Dann kann ich
mich als Hauswart dieses Gebäudes einstellen und habe so ein bescheidenes
Auskommen. Dabei mochte ihn der Wunsch, der Frau mit der schönen, flachen Brust
nahe zu sein, beeinflusst haben.
In dieser Nacht, der zweiten im Bus, war Mili bei ihm und
erzählte ihm eine Geschichte. Auf diesem Weg erfuhr er, wo René wohl gesteckt
hatte, als er ihn treffen wollte. AS
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