Ihr Blick war nicht wie
sonst, bemerkte Toni. Mili fuhr ihm mit der flachen Hand über die Stirn und
über die Wange am Mund vorbei zum Kinn. Toni erinnerte sich an sein Gesicht im
Spiegel am Abend zuvor. Seine sonst gespannte Haut hatte deutliche Spuren der
Erschlaffung gezeigt. Die Geschichten Milis in Form zu bringen, brachte ihn an
seine Grenzen. Mili griff sein Kinn und küsste ihn zärtlich. Beim Liebesspiel übernahm
sie die aktive Rolle. Er durfte liegen bleiben und sie bewegte sich lustvoll
über ihm. Als er zum Höhepunkt kam, beendete sie sogleich den Akt.
Selbst die Geschichte hielt
sie dieses Mal auffallend kurz. AS
Ein bisschen hat sich sein Leben schon geändert auf Grund des
Fundes. Früher, wenn ihn ein Freund einlud und ihn – weil er absagte – einen
Langweiler schimpfte, hob er die Hände und sagte, was soll ich machen, ich habe
nun mal nicht die Mittel dazu. Tief drinnen war immer ein Rest von Unklarheit.
Wünsch ich das nicht vielleicht sogar und finde deshalb nicht aus dem
verzwickten finanziellen Engpass hinaus? Seit dem Fund an der Grenze [41] galt
diese Ausrede nicht mehr. Unter der Werkbank lag ja der Umschlag, der, obwohl
er schon mehrmals hineingegriffen hatte, nicht dünner zu werden schien.
Als daher Paulo ihn fragt, ob er am Freitagabend mit ins Zeughaus
oder wie er vornehmer sagt – ins Arsenal – gehe, kann er das Argument mit den
mangelnden Mitteln nicht dagegen anführen.
Dass man sich für ein solches Event – auch wenn es ein
allwöchentliches ist – etwas zurecht machen müsste, fällt Tommy nicht ein. Die
Aufforderung Paulos, sich schön zu machen, überhört er schlicht. So richtig
wohl fühlt er sich doch nur in seinen ollen Klamotten.
Die Gaststätte ist prallvoll. Mehrheitlich jüngere Menschen
drängen sich in dem Raum und unterhalten sich lautstark zu wummernder Musik. Er trägt wie üblich eine Jeans. Da viele andere
Typen auch Jeans anhaben und zum Teil noch zerschlissenere als seine, fällt er
damit nicht auf. Sein Hemd dagegen, dessen Farbe ausgebleicht und dessen Kragen
nicht nur abgestoßen, sondern sogar geflickt ist, passt überhaupt nicht zu den
schicken Shirts und T-Shirts, in denen die coolen Leute vor und hinter ihm
glänzen. Manche der Gäste haben sich geschminkt. Einige wenige (männliche)
Personen tragen sogar einen Rock. Er gesteht Paulo beschämt. „Ich fühle mich
schon etwas fehl am Platz.“
„Hab ich dir nicht gesagt, du sollst was Rechtes anziehen?“, ruft
ihm Paulo zu, „im Arsenal legt man Wert auf Kleidung.“
Tommy beugt sich zu ihm und sagt – nicht ohne einen gewissen
Stolz: „Ich habe mich nie um meine
eigenen Bedürfnisse gekümmert.“
Im gleichen Moment sieht er im Spiegel am Pfeiler einen Mann mit
einem Holzbein. Das eine Bein ganz normal mit Hosenstoß, das andere ein bloßer
nackter, hässlicher Stock. Er erschrickt, schaut nach rechts und links, kann
aber niemanden mit Holzprothese ausmachen. Da gesteht er sich fröstelnd ein, dass
diese Person mit dem Holzbein ihm verblüffend ähnlich gesehen hat. MLF
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