…
Den Knaben, so wohlerzogen er sie einschätzt, scheint die
Warterei auch zu lange zu dauern. Er hört die Schnallen ihrer Gurten klacken
und sie tauchen aus der Versenkung in der Wand auf. Erst jetzt fällt ihm ins
Auge, wie extravagant sie gekleidet sind. Was ihnen an ungehemmter Bewegung und
natürlichem Spielverhalten fehlt, machen sie durch tolle, wenn auch nicht
gerade kindergerechte Kleidung wett. Beide stecken in Anzügen. Aber die
Jacketts offen und keine Krawatten. Der Ältere bleibt mitten im Raum stehen und
schaut naserümpfend über ihn weg. Da fällt Kermits Blick auf sein exquisites
Hemd, ein fleischfarbenes Hellbraun, mit luftigen, weißen Flecken. Wieder
schüttelt Kermit den Kopf. Ich möchte nicht wissen, was so ein Hemd kostet,
sagt er sich. An was erinnert mich denn dieses Muster?, überlegt er die ganze
Zeit. Bis er draufkommt, dass es eine italienische Wurstsorte ist. Diese
besonders delikate Wurst, aus reinem Schweinefleisch mit großen Fettaugen - Mortadella.
Was für ein toller Einfall. Ein Hemd einer Feinschmeckerwurst nachzuempfinden.
Während er vom Muster dieses extravaganten Hemdes wie gebannt
ist, überkommt ihn das eigentümliche Gefühl, als würde, was er sieht, zu einem
Bild gerinnen. Das Mortadella-Hemd, die ungelenke Haltung der Jungs, die
hässliche Frau im Hintergrund, alles ist plötzlich fixiert. Er fürchtet selbst
zu erstarren und bewegt verunsichert die Finger in seiner Faust und hebt den
Kopf, um sich zu vergewissern, dass er nicht als Teil einer Installation zu
einer Wachsfigur geronnen ist. Die Glieder bewegen sich noch, aber er ist
gewarnt. Kermit geht zur Tür. Aufs Interview verzichtet er. Ihm scheint, er
habe genug gesehen und flieht von dem Haus.
Draußen ist er erstmal geblendet und steht wie gelähmt. Aber dann
sieht er seine Truppe, auf dem schrägen Stück Weg, das zur Hauptstraße führt.
Einer der quirligen Jungs aus der Gruppe rennt auf ihn zu. Kermit
legt ihm den Arm über die Schulter. Sich vorbeugend fragt er ihn.
„Na, wo habt ihr euch rumgetrieben?“
Dabei kommt seine Hand
zufällig auf das Geschlecht des Jungen zu liegen. Er drückt es und sagt.
„Da fasse ich mich selber auch manchmal an und halte es. Das
fühlt sich gut an.“
Das Kind schweigt. Er will den Jungen hochheben, damit er in der
Luft eine Rolle macht. Aber das scheint dem Kind zu heikel zu sein. Es sträubt
sich, entwindet sich und jagt quietsch-lebendig davon. MLF
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