Dienstag, 13. März 2012

22 Modernes Studio bei Staus j

Im Einzigen, was vom Laden alt geblieben ist, einem Schaufenster auf tieferem Niveau, liegt eine junge Frau. Erduan wird durch ein Wimmern auf sie aufmerksam. Was hat sie denn, fragt er sich. Er spürt, wie sein Berater unruhig wird. Als er aufsteht, um ‚Bruno‘ zu helfen, sieht er sie da unten liegen. Das Wimmern wird stärker, schließlich heult sie laut. Zusammen mit einer Kollegin holt sie sein Berater aus der Vertiefung hervor. Sie schicken Henriette – so nennen sie sie – nach Hause. Das wird sicher das Beste sein. Die Spannung in diesem Laden überfordert so eine Person. Er fühlt sich selber schon ganz kribbelig.
Der Berater führt ihn jetzt zu einem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes. Das Gespräch intensiviert sich. Nebenher wird Erduan fotografiert.
„Beachte mich nicht. Verhalte dich wie immer“, beruhigt ihn die Fotografin. Hier spricht man sich ausschließlich mit ‚du‘ an. Wenn das so einfach wäre, vor dem Apparat entspannt zu bleiben. Das kann er sich zwar vornehmen, aber da er weiß, was dabei rauskommt, verspannt er sich eben doch. Selbst der Spiegel ist gnädiger.
Sein Berater geht weg. Erduan arbeitet selber am Text weiter. Aber er spürt, dass er damit nicht zu Potte kommen wird. Da er gleich nebenan wohnt, ist das ja kein Problem. Er bündelt seine Entwürfe und nimmt auch die Espresso-Tassen mit. Es haben sich schon zwei angesammelt.
Auf dem Weg zum Ausgang sieht er, dass Henriette noch da ist. Sie will zu ihm. Ein Mann in schwarzen Kleidern ist bei ihr. Der macht einen seriösen Eindruck. Wahrscheinlich ihr Begleiter, wie bei Kindern mit Lernbehinderung in der Schule. Erduan sieht, wie sie nach seiner Aufmerksamkeit giert. Ihm ist jetzt klar, dass sie im Schaufenster versucht hat, seine Beachtung zu gewinnen.
Bei der Theke am Abgang sind zwei Tassen doch zu viel. Er trinkt die eine aus. Der Theke gegenüber, im erhöhten Eck, sind ein paar Tische. Zu dritt sitzen sie dort beim kreativen Entspannen. Bruno ist auch dabei.
„‘Frosch schlürfen‘, kann man das sagen? Passt das?“, fragt der Smarte, der ihn mit einem ‚Hi‘ empfangen hat.
Erduan lehnt sich an die Theke und überlegt. „Vom Frosch isst man die Schenkel“, dabei klopft er sich auf die Beine. „Eine Schnecke schlürft man aus, aber beim Frosch muss es beißen heißen. – Und doch, warum nicht? ‚Frosch schlürfen‘ klingt jedenfalls poetischer. Ich würde es lassen.“
Die drei nicken zufrieden.
Am nächsten Tag, als Erduan die Espresso-Tasse zurückbringt und sie ihn erwartungsvoll ansehen, zögert er. Aber was bringt es, ihnen die Wahrheit vorzuenthalten. Also sagt er, wie es ist. „Ich habe diese Nacht kaum geschlafen. Ihr Wood-Press bietet mir zu viele Möglichkeiten. Also habe ich mich jetzt für das einfachere Wood-Spot entschieden. Das ist natürlich beschämend. Aber so ist es.“
Sein Berater ist sichtlich enttäuscht. Erduan hofft auf einen Spruch, wie. Ja, sammle erst mal Erfahrungen mit Wood-Spot, danach bist du bei uns genau richtig. Aber es kommt nichts.
Draußen fällt ihm ein, das mit dem Schlafen könnte auch am Espresso gelegen haben. MLF

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