Dienstag, 20. März 2012

26 Dachlandschaften

Toni war ganz in seine Fantasien verstrickt. Er nahm Mili, die neben ihm lag, gar nicht wahr. Beim Aufwachen war er so prall, dass er gleich anfing sich zu reiben und zu winden. Innehaltend und wieder neu sich anfassend, steigerte er die Lust. Als er Mili doch bemerkte, war es schon zu spät, es gab kein Zurück mehr. Er empfand sie sogar als Störenfried. Vor Lust stöhnend ergoss er sich auf seine Bauchdecke. Zu sich kommend, sah er, dass sie pikiert war.
Sie aber überwand ihre Enttäuschung, rutschte hoch und erzählte die folgende Geschichte. AS


Während er sich früher oft Sorgen gemacht hat, weil er zu wenig Rückmeldungen auf die Internetseite, die er für eine Frau unterhält, bekommen hat [Gemeinschaft falsch gebildet, 24.02.] kommen die Kommentare in letzter Zeit in solcher Vielzahl, dass er sie oftmals nur überfliegen kann. Für die Beantwortung nimmt er sich inzwischen mehr Zeit, als für die Bearbeitung der Texte der Frau selber.
Als Lothar eines Tages auf die Internetseite schaut und einen Eintrag öffnet, sieht er, dass etwas Endloses dranhängt. Erst glaubt er noch irgendwelche Bilder oder Grafiken zu erkennen, aber je weiter er blättert, umso mehr verwandelt sich das Ganze in eine endlose Dachlandschaft. Was der Geier habe ich hier ausgelöst? Er lehnt sich zurück und überlegt. Aber er kann sich das Phänomen in keiner Weise erklären.
Da fällt ihm Bruno Schuhmacher ein, der Dachdecker, bei dem er gelegentlich aushilft, wenn einer aus dessen Truppe krank ist oder wenn es ein großes Dach zu decken gilt. Der Dachdecker ist gar nicht verwundert. Er führt ihn zu seiner Halle und öffnet das Tor. Die Stirnseite eines Dachdeckerlastwagens steht ihnen entgegen. Das Fahrzeug sieht einem großen Löschfahrzeug nicht unähnlich. Links und rechts von der Fahrerkabine sind große Rollen angebracht. Von der rechts zieht Schuhmacher ein Band von roten Kunststoffziegeln. „Ziegel am Meter, die sind handelsüblich“, sagt er beiläufig.
„Aha, okay…“, Lothar verstummt. Gut zu wissen, dass es so etwas gibt. Wobei ihm sein Gefühl sagt, dass er sein Dach doch lieber in herkömmlicher Weise decken würde. Aber wie dem auch sei, es geht ja um die Klärung des Phänomens auf seiner Webseite. Für den Dachdecker scheint es damit geklärt. Er dagegen muss sich wohl noch eine Weile den Kopf darüber zerbrechen.
Schuhmacher nimmt ihn mit zu seinem Haus hoch. Durch eine Tür in der Umfriedung gelangen sie auf die Terrassenseite. Viele Besucher sind schon da. Was sind das für Leute? Was machen die hier?, fragt er sich. Die Terrasse grenzt an einen Skihang. Obwohl nur wenig Schnee liegt, nutzen einige die Gelegenheit auf ihren Skiern rumzurutschen. Das lockt Lothar gewaltig. Als passionierter Skifahrer kann er der Versuchung nicht widerstehen. An der Hausmauer findet er ein Paar passender Schuhe.
„Darf ich die mal ausleihen?“, fragt er.
Der Dachdecker scheint zwar nicht gerade begeistert, aber er nickt. Lothar kann es kaum erwarten, seine Kunst zu zeigen. Was die andern können, werde ich leicht überbieten, dessen ist er sich sicher. Er schickt sich eben an, den Hang hoch zu steigen, als eine Frau ihn ruft. Sie, für die er die Webseite betreibt – ausgerechnet jetzt. Das ist jetzt aber ungünstig, er hat jetzt keine Zeit mit ihr zu reden. Ihn zieht es nach oben, damit er endlich zeigen kann, wie er fährt. Sie versteht nicht, warum er nicht wartet und folgt ihm. Ja, wetteifert gar mit ihm. Diese ehrgeizige Frau, diese vorwitzige Nudel, denkt er, der werd ich’s zeigen. Er stapft mit gespreizten Beinen in V-Haltung noch schneller. Sie fällt hin und ruft um Hilfe. Er denkt nicht dran, umzukehren. Wahrscheinlich hat sie sich absichtlich fallen lassen, um ihn abzulenken. Aber er lässt sich nicht zurückhalten. Jetzt ist er am Zug. MLF

Die freiere Version mit dem Titel ‚Text und Kommentare‘ hat Mili zurückgewiesen. AS

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