Mittwoch, 1. Februar 2012

1 LKW ferngesteuert nach Zweisimmen j

Er steuert mit dem Flugzeug die Halle an, von der aus der LKW beladen worden ist. Per Fernsteuerung bedient er den Anlasser. Das Geräusch des startenden Motors hört er nicht, aber er sieht ein leichtes Rütteln des Gefährts und das Licht geht an. Der schwere Wagen fährt los, aus dem Industriegelände hinaus auf die Umgehungsstraße von Wattenwil, erster Kreisel, zweiter Kreisel, dann die Landstraße, vorbei an Blumenstein, bei Wimmis die Einmündung auf die Simmentaler Strecke talaufwärts.
Da bemerkt Bernhard erstmals, dass er ermüdet. Das hat er nicht bedacht, dass bei einer so langen Strecke seine Konzentration ganz anders gefordert wird, als bei den spielerischen Unternehmungen, denen er sonst nachhängt. Selbst stundenlange Helitransporte haben ihn nicht so angestrengt, wie diese Fahrt jetzt. In dieser Verfassung wird es schwierig, den Laster immer genau auf Spur zu halten und nebenher den Flug nicht zu gefährden. Zum Teil kann er den Straßenverlauf auf seinem Monitor nicht exakt sehen. Weil er leicht seitlich der Straße fliegt, stören vorspringende Felsen die Sicht. Es geht eine Weile, bis er sich der Schwierigkeiten voll bewusst wird. Von der Anstrengung betäubt, befindet er sich in einem schlummernden Zwischenzustand. Er schläft nicht, ist aber auch nicht ganz wach. Auf der Höhe von Erlenbach erlangt seine Konzentration den Tiefpunkt. Als beim Schneiden der Kurven Gedanken aufkommen, wie: ‚man muss auch mal was gerade sein lassen‘ oder ‚wird schon keiner entgegenkommen‘ oder ‚was soll’s, ist ja nur ein kleiner Blechschaden‘, schreckt er endlich auf. Es kann eben doch jemand entgegen kommen, auch wenn es unwahrscheinlich ist, das reißt ihn aus seiner Betäubung hoch. Er drosselt die Geschwindigkeit und hält den Flieger exakt über der Straße. Doch nach Boltigen, kurz vor Reidenbach, ist plötzlich der Laster weg. Dass das passieren könnte, weiß er, es ist nicht ganz auszuschließen. Bernhard schaltet sofort auf Stopp, stellt per Fernsteuerung den Warnblinker ein und schaltet den Motor aus.
Eine volle Stunde braucht er, bis er gelandet ist und mit dem PKW zu der Stelle vor Reidenbach gelangt. Was er von oben nicht gesehen hat, dass an dieser Stelle die Straße nach Schwarzenmatt abzweigt. Aber sowas hat er vermutet. Eine Abzweigung nach rechts durchquert das Felsmassiv und wie der LKW dort eingemündet ist, hat er ihn auf dem Bildschirm nicht mehr sehen können. Der LKW steht 300 m weiter und blockiert die rechte Fahrspur. Ein PKW-Fahrer fährt langsam vorbei und starrt ihn an. Wahrscheinlich ein Bäcker, der nach seinen Backautomaten schauen muss.
Bernhard steigt ein und entfernt die Fernsteuerung. Auf den Starter ertönt ein tiefes Brummen und mit einem freudigen Rütteln zeigt sich der riesige Leib bereit zur Weiterfahrt. Er wendet und fährt an seinem Wagen vorbei, den er später holen muss. Pfeifend lenkt er schließlich den LKW vor die Rampe am Ziel. Heiße Sache. Schwertransport aus der Luft gesteuert. Wer würde ihm das glauben. Gut, etwas Feinarbeit vor Ort war noch nötig gewesen. Und etwas Glück hat er auch herausgefordert. MLF

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