…
Vom öffentlichen Gebäude führt ein schmaler Weg zur Vorderseite
der Post und zur Straße, wo auch die Bushaltestelle ist. Während Lothar auf den
Bus nach Reußstadt wartet, kommt Dirk Häuserbauer daher.
„Ah, grüß dich Dirk, bist du auch in Rieden?“, heißt ihn Lothar
willkommen und freut sich darauf, die Busfahrt über Gesellschaft zu haben.
Dirk gibt sich eher zurückhaltend. Etwas scheint ihm auf dem
Gemüt zu liegen. Nach einer Weile rückt er mit der Sprache raus. „Was du mir
neulich berichtet hast, finde ich verkehrt, so bildet man keine Gemeinschaft.“
Lothar erschrickt. Was soll jetzt das? Was hat er denn? Und ihn
überkommt wieder die große Skepsis gegen diesen Ort. Jedes Mal, wenn ich hier
im Nachbarort bin, werden Fehler von mir aufgedeckt und werden mir Vorwürfe
gemacht. Da fällt ihm ein, dass er Dirk eine Sammlung von früheren
Tagebuch-Einträgen gezeigt hat, Notizen, die ihm besonders gelungen schienen
und die er zu schade fand, sie in der Schublade liegen zu lassen. Er hat Dirk
gesagt, dass er diese als Vorspann im Tagebuch wiedergeben wolle. Sozusagen als
Einstimmung, damit man den Charakter und die Tragweite des bevorstehenden
Journals ermessen könne. Er hat bemerkt, dass Dirk den Plan ablehnend aufgenommen
hat. Vielleicht hat das sogar den Ausschlag gegeben, dass er diesen Plan aufgegeben
und sozusagen von Null aus angefangen hat.
„Du hast Recht“, sagt Lothar schließlich, „ich habe diesen Plan
verworfen. Die früheren Einträge sind wieder in die Schublade gewandert und
habe am Tag der ersten Veröffentlichung auch tatsächlich mit dem ersten Eintrag
begonnen.“
Dirks Gesicht heitert sich auf, aber einen zufriedenen Eindruck
macht er noch immer nicht.
Lothar sieht ihn fragend an.
Aber Dirk äußert sich nicht weiter.
Inzwischen haben sich noch andere Menschen an der Haltestelle
eingefunden.
„Würde mich trotzdem freuen, wenn du mal einen Blick reinwirfst“,
sagt Lothar „und über einen Kommentar natürlich besonders, egal wie er
ausfällt.“
Dirks Gesicht verzieht sich säuerlich. „Ich muss weiter“, gibt er
zur Antwort, „ich habe hier noch zu tun.“
Lothar reicht ihm ernüchtert die Hand und wendet sich dem Bus zu,
der gerade in die Haltestelle einfährt. Auf der Fahrt in die Stadt begleitet
ihn das bittere Gefühl, dass er es mit diesem Tagebuch wohl nicht allen wird
recht machen können. MLF
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