Montag, 27. Februar 2012

16 Gemeinschaft falsch gebildet j

Vom öffentlichen Gebäude führt ein schmaler Weg zur Vorderseite der Post und zur Straße, wo auch die Bushaltestelle ist. Während Lothar auf den Bus nach Reußstadt wartet, kommt Dirk Häuserbauer daher.
„Ah, grüß dich Dirk, bist du auch in Rieden?“, heißt ihn Lothar willkommen und freut sich darauf, die Busfahrt über Gesellschaft zu haben.
Dirk gibt sich eher zurückhaltend. Etwas scheint ihm auf dem Gemüt zu liegen. Nach einer Weile rückt er mit der Sprache raus. „Was du mir neulich berichtet hast, finde ich verkehrt, so bildet man keine Gemeinschaft.“
Lothar erschrickt. Was soll jetzt das? Was hat er denn? Und ihn überkommt wieder die große Skepsis gegen diesen Ort. Jedes Mal, wenn ich hier im Nachbarort bin, werden Fehler von mir aufgedeckt und werden mir Vorwürfe gemacht. Da fällt ihm ein, dass er Dirk eine Sammlung von früheren Tagebuch-Einträgen gezeigt hat, Notizen, die ihm besonders gelungen schienen und die er zu schade fand, sie in der Schublade liegen zu lassen. Er hat Dirk gesagt, dass er diese als Vorspann im Tagebuch wiedergeben wolle. Sozusagen als Einstimmung, damit man den Charakter und die Tragweite des bevorstehenden Journals ermessen könne. Er hat bemerkt, dass Dirk den Plan ablehnend aufgenommen hat. Vielleicht hat das sogar den Ausschlag gegeben, dass er diesen Plan aufgegeben und sozusagen von Null aus angefangen hat.
„Du hast Recht“, sagt Lothar schließlich, „ich habe diesen Plan verworfen. Die früheren Einträge sind wieder in die Schublade gewandert und habe am Tag der ersten Veröffentlichung auch tatsächlich mit dem ersten Eintrag begonnen.“
Dirks Gesicht heitert sich auf, aber einen zufriedenen Eindruck macht er noch immer nicht.
Lothar sieht ihn fragend an.
Aber Dirk äußert sich nicht weiter.
Inzwischen haben sich noch andere Menschen an der Haltestelle eingefunden.
„Würde mich trotzdem freuen, wenn du mal einen Blick reinwirfst“, sagt Lothar „und über einen Kommentar natürlich besonders, egal wie er ausfällt.“
Dirks Gesicht verzieht sich säuerlich. „Ich muss weiter“, gibt er zur Antwort, „ich habe hier noch zu tun.“
Lothar reicht ihm ernüchtert die Hand und wendet sich dem Bus zu, der gerade in die Haltestelle einfährt. Auf der Fahrt in die Stadt begleitet ihn das bittere Gefühl, dass er es mit diesem Tagebuch wohl nicht allen wird recht machen können. MLF

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