Und ich bin
Toni Saibel, Milis Helfer – wie sie in ihrem Willkommensgruß bemerkt hat. Sie
hat mich ja auch als ihren Geliebten vorgestellt. Ich zweifle nicht, dass Mili
Lula mich liebt. Aber noch mehr, scheint mir, liebt sie ihre Bilder. Die Welt
zeigt sich ihr in fantastischen Geschichten. Jedes Mal nachdem wir uns umarmt
und geliebt haben – manchmal noch während wir vereint sind – beginnt sie zu
erzählen.
Sie hat
wohl auch mal schreiben gelernt. Aber bestimmt hat sie’s wieder vergessen. Dieses
vernünftige Zeug liegt ihr nicht. Dazu hat sie ja mich, ihren Helfer, der alles
schön aufschreibt. An schlechten Tagen beschleicht mich das ungute Gefühl, dass
ich nur ein Mittel zum Zweck bin. Und wenn sie mich dann auch noch Anton statt
Toni nennt, bin ich ganz unten. Mit ihrem Fischkleid – oder was sie sonst
Extravagantes trägt – bringt sie mich gehörig in Schwung. Ich lausche ihr, sauge
jedes Wort von ihr ein und betrachte jedes Bild, mag es noch so ungewöhnlich
erscheinen.
Den ganzen
Tag tu ich nichts anderes, als mich mit ihren Bildern beschäftigen. Frühmorgens
steige ich hoch, auf ein Hochhaus oder auf eine Hügelkuppe. Von da blicke ich
in die Ferne. So kann ich mich am besten an ihre Bilder erinnern. Dann setze
ich mich zu den Tauben auf der Dachfläche oder zu den Kühen auf der Bergwiese.
Während letztere wiederkäuen, lass ich die Bilder aufsteigen. Manche Teile muss
ich nochmal kauen, andere lasse ich genüsslich auf der Zunge zergehen. Dabei
kann es schon mal vorkommen, dass mir eine Träne der Freude oder des Kummers
aus den Augen rinnt.
Dann steige
ich hinab und gehe in die Druckerei. Mit spitzen Fingern fange ich an die
Buchstaben aneinander zu reihen. Wenn der Satz gelegt ist, gehe ich ins Café.
Das Handy bleibt eingeschaltet. Es könnte ja sein, dass ihr noch etwas einfällt
oder dass ihr ein Teil besonders wichtig ist. (So kann ich vermeiden, dass sie
mich rügt, bevor ich ihr beiwohnen darf.) Ich kehre zurück zum Satz, der
inzwischen Gestalt angenommen hat. Aber was für eine? Möglicherweise steht die
Gestalt auf dem Kopf oder hat drei Beine. Der Schwanz vorne die Schnauze
hinten. Statt symmetrisch verteilt, sind die Ohren links und die Hörner rechts.
Aber ich lasse mich nicht entmutigen. Schließlich weiß ich, wie etwas
Lebendiges auszusehen hat. Am Schluss fehlen nur noch die Wimpern und das Knie
zeigt an einem Bein in die falsche Richtung. Aber was soll’s. So lange wie die
Evolution habe ich nicht Zeit. Morgen kommt die nächste Geschichte.
Ich drücke
auf ‚uploaden‘. Und, le voila‘, da erscheint die Geschichte im Blog. AS (Anton Toni Saibel)
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